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Zur See
Sterbender Wal bringt Wende
Romantipp von Anna Schindler, 22. April 2023
Er begeistert mich, der neue Roman der norddeutschen Autorin Dörte Hansen. Nicht nur die Sprache, auch die Geschichte und die Figuren machen ihn zu einem Buch, das ich sehr empfehlen kann.
Wir sind auf einer Insel in der Nordsee. Erzählt wird die Geschichte der Familie Sander aus verschiedenen Perspektiven. Die Familie ist vom Meer geprägt und befindet sich im Wandel, wie auch die gesamte Insel. Tagsüber und im Sommer wird sie von Touristen geflutet. Die Seefahrt, von der die Inselbewohner lebten, wird mehr und mehr Geschichte. Traditionen verlieren ihre Bedeutung. Doch es ist kein nostalgischer Abgesang, den Hansen da erzählt, auch wenn es am Anfang den Anschein macht. Alkohol, Tourismus und zerfallende Wertevorstellungen zeichnen ein eher tristes Bild.
Die Wende bringt ein sterbender Wal, der angespült wird. Was der Wal mit der Familie Sander und den Insulanern macht, ist einfach herrlich. Der riesige Tierkadaver muss möglichst schnell verschwinden. Das beschreibt Hansen so detailgenau, dass eine makabre Komik entsteht.
Insgesamt fasziniert mich diese sehr expressive Sprache. Wild aufbrausend und leise plätschernd, sie findet immer neue Bilder, das Meer und die Menschen zu beschreiben. Gleichzeitig erzählt sie aber auch eine Geschichte. Die Sanders verändern sich unmerklich und finden neue Wege. Der Schluss ist anders als erwartet. Dies ist Dörte Hansens dritter Roman und einmal mehr kann ich nur sagen: Unbedingt lesen!
Dörte Hansen: Zur See. Roman, 256 Seiten. Random House/Penguin Verlag 2022
Dieser Literaturtipp wurde erfasst am 22.04.2023 um 23:25 Uhr.
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